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In der Kubatur des Kabinetts - HO ALTRO DA FARE (I HAVE OTHER THINGS TO DO)

Mi, 13. Nov 2024

19:00 Uhr

@Billboards, ↥Deck or ↧Wanne

Mit Guadalupe Aldrete, Ana de Almeida, Lina Dokuzović, Feministisches* Bloco Descolonial Vienna, Nina Höchtl & Julia Wieger, Adelita Husni Bey, Irene Lucas/Mosaic Art Project, Nora Mayer & Stephanie Winter, Stephanie Misa & Charlotta Ruth, Anežka Jabùrková, Marlies Pöschl, Netta Weiser

Kuratiert von Barbara Mahlknecht

Intervention, Lecture, Performance

Wie stehen Zeit und Care-Arbeit zueinander? Wer hat Zeit, wofür, unter welchen Bedingungen und in welchem Ausmaß und wem mangelt es an Zeit? Zeit und Care-Arbeit sind der Ausgangspunkt von Ho altro da fare ( I have other things to do). Dieses Kunstprojekt schließt sich an die Kubatur How to Change Everything von 2022 an, die den Feministischen Streik als Anlass und zentralen Moment eines anderen Hier und Jetzt erkundete, auch in Wiederanknüpfung von historischen feministischen Mobilisierungen, die für eine Sichtbarmachung und Anerkennung der Care-Arbeit eintraten.

Ho altro da fare ( I have other things to do) stellt u.a. die Frage nach radikalen Möglichkeiten, Zeit zu schaffen – für sich selbst, für andere, und vor allem auch kollektiv. Im Zuge einer Post-Covid-Gesellschaft hat sich die Problematik der unbezahlten Care-Arbeit verschärft, gerade und durch den Einschluss zahlreicher Tätigkeiten im Haushalt, aber auch jener, die bislang außerhalb des Haushalts stattfanden – wie Büroarbeit und Schulunterricht. Im Zuge der Pandemie hat sich Erwerbsarbeit bei niedrigen Gehältern und Teuerung verlängert und ausgedehnt, bei gleichzeitiger Zeitknappheit und Intensivierung von Care-Arbeit.

Der geplante zweite Teil der Kubatur schlägt Zeit für Fürsorge im Sinne von Dauer und Kontinuität, aber auch von Routine und Praxis als Forschungsfeld vor im Hinblick auf die zeitlichen Macht- und Ungleichverhältnisse, auf Zeitknappheit und dem Privileg, Zeit zu haben. Künstler:innen, Forscher*:nnen, Aktivist.innen, Community-Arbeiter*innen sind eingeladen, das Verhältnis von Zeit und Care(-Arbeit) zu erforschen: Dies erfolgt manchmal konkret und direkt, manchmal auf Umwegen und implizit. Dabei können Fragen leitend sein wie: Wie können wir Zeit für uns selbst und für andere ermöglichen, individuell und kollektiv, im Sinne eines guten Lebens für alle? Wie können wir uns um andere kümmern während wir uns selbst versorgen und unsere Zeit beschützen? Welche Strukturen, Netzwerke und Routinen können der Isolation und Individualisierung von Fürsorge entgegenwirken?

Künstler:nnen, Forscher:innen, Aktivist:innen, Community-Arbeiter:innen (wie Guadalupe Aldrete, Ana de Almeida, Lina Dokuzović, Feministisches* Bloco Descolonial Vienna, Irene Lucas/Mosaic Art Project) erarbeiten gemeinsam und moderiert durch die Kuratorin neu zu entwickelnde Formate – Gespräch, Koch-Veranstaltung, Workshop, Performance, Sound/Radio –, das Kunstprojekt schließt aber auch bestehende künstlerische Arbeiten und Interventionen mit ein (z.B. Adelita Husni Bey, Marlies Pöschl), die Impulse und Reflexionen bieten. Kollektivität, Verkörperung, Archiv, Erinnerung, dauerhafte und performative Formen des Teilens und Gestaltens von Zeit sind ein zentraler, kollaborativer, neu geschaffener und gemeinsamer Teil des Projekts. Vorhandene Kunstwerke ergänzen, erweitern und fördern verschiedene Ökologien der Fürsorge und Zeit.

CVs der beitragende Künstler*innen, Aktivist*innen, Forscher*innen

Barbara Mahlknecht ist eine feministische Forscherin, Kuratorin, Lehrende und Kunstvermittlerin. Sie war Senior Researcher an der Akademie der bildenden Künste Wien und Supervisorin und Tutorin am Piet Zwart Institute/Willem de Kooning Academy Rotterdam. Ihre aktuelle kuratorische Forschung befasst sich mit gegenwärtigen und vergangenen Kämpfen um Sorgearbeit und soziale Reproduktion. Sie interessiert sich für das Archiv als Ort des aktivistischen, kuratorischen und künstlerischen Engagements, das Potenzial für feministische Entwürfe in sich birgt.

Guadalupe Aldrete ist eine aus Mexiko stammende und in Wien lebende Künstlerin.
In ihren Performances, Fotografien, Videos und Installationen und unter Verwendung von somatischen, auto-ethnografischen, multisensorischen Methoden erforscht sie die Materialität des Körpers, Erinnerung, Emotion und Berührung. Ihre Arbeiten wurden international auf Kunstfestivals und Ausstellungen präsentiert.

Ana de Almeida befasst sich mit Gedächtnis und Erinnerungsprozessen, mit narrativen Konstruktionen, die Raum und Subjekt verbinden, sowie mit plurispatialen Erzählungen im Allgemeinen. Sie ist DOC-Team-Stipendiatin und arbeitet am Institut für Kunsttheorie und Kulturwissenschaften der Akademie der bildenden Künste Wien. Jüngste Ausstellungen fanden im CAV Centre for Visual Arts in Coimbra (2022), im House of Arts Ústí nad Labem (2021) und an der Kunsthalle Wien (2020) statt.

Lina Dokuzović arbeitet an der Schnittstelle von visueller Kunst und Text/Wissensproduktion. Sie ist ein Mitglied von eipcp. In ihrer künstlerischen Arbeit und Forschung beschäftigt sie sich mit den Themen Migration, Wissensproduktion und Bildungspolitiken; Mechanismen der Aneignung und Privatisierung von Strukturen wie Bildung, Kultur, Körper und Land; und Perspektiven für eine translokale Solidarität.

Feministisches* Bloco Descolonial Vienna organisiert als Kollektiv Aktionen, gegen Femi(ni)zide und patriarchale Gewalt und Rassissmus. Das Kollektiv setzt sich für das Recht auf legalen Schwangerschaftsabbruch, für feministische Streikformen und viele weitere Themen ein, insbesondere auch mit einer Vielfalt von kreativen dekolonialen Aktionen im öffentlichen Raum.

Nina Hoechtl ist Künstlerin, Forscherin, Pädagogin und Aktivistin. Als Mitglied des queer/cuir-feministischen Kollektivs INVASORIX in Mexiko-Stadt und Mitinitiatorin des Sekretariats für Geister, Archivpolitiken und Lücken (SKGAL) in Wien, ist ihre Arbeit tief in transnationalen, kollektiven, feministischen und dekolonisierenden Praktiken verwurzelt.

Adelita Husni-Bey ist Künstlerin und Pädagogin und lebt in Ney Work. Sie beschäftigt sich mit Anarcho-Kollektivismus, Theater und kritischen Rechtsstudien. Sie organisiert Workshops und produziert Publikationen, Sendungen und Ausstellungen. Sie arbeitet international. u.a. mit Aktivist*innen, Architekt*innen, Jurist*innen, Schüler*innen, Spoken- Word-Poet*innen, Schauspieler*innen, Physiotherapeut*innen und Lehrer*innen. Ihre Arbeiten wurden international präsentiert.

Anežka Jabùrková Die in Wien lebende Kunsthistorikerin und Kuratorin ist spezialisiert auf zeitgenössische Kunst und insbesondere auf kritische Kunstpraxis. In ihren Projekten beschäftigt sie sich mit der Art und Weise, wie wir uns selbst und unseren Platz in der Gesellschaft wahrnehmen, z.B. mit Fragen von Identität und Arbeit. Ein integraler Bestand- teil ihrer Projekte ist die Kunstvermittlung.

Irene Lucas/Mosaic Art Project

Irene Lucas arbeitet zu ortsbezogener Bildung, neuen urbanen Ökologien und Identität. Ihre partizipatorischen und kollaborativen Interventionen, die sie in Zusammenarbeit mit dem Künstler Christoph Euler entwickelt, sind zwischen bildender Kunst, Aktivismus, Esskultur und Bildung positioniert. In sol.lab.zones erproben Irene Lucas/Solar Manufaktur, das Kunstprojekt Mosaik und Blubbergarten Formen des energieautarken Kochens, Zero Waste, Circular Food und Up-Cycling.

Nora Mayr ist freischaffende Kuratorin, Dozentin am Node Center for Curatorial Studies und Teil des Angewandten Interdisziplinary Labor (AIL) an der Universität für angewandte Kunst Wien. Gemeinsam mit Stephanie Winter startete sie 2020 das Forschungs- und Diskursprojekt RADICAL CARE, das Impulse des radikalen, aktivistischen Kümmerns in den Mittelpunkt stellt.

Stephanie Misa lebt und arbeitet in Wien. Zurzeit ist sie außerordentliche Professorin an der University of Arts Helsinki. Sie arbeitet zu komplexen und vielfältigen Geschichte(n) die zu Installationen verdichtet werden. Ihre aktuelle künstlerische Forschung befasst sich mit dem Fortbestehen von Sprachen, die auf ihre mündliche Form reduziert sind, und der Aktivierung dieser „Mündlichkeit“ außerhalb der üblichen pädagogischen Unterrichtsmethoden. Ihre Arbeiten wurden u. a. in der 9th Bucharest Biennale, KW Institute for Contemporary Arts (Berlin), Künstlerhaus Wien, Museum of Impossible Forms (Helsinki) ausgestellt.

Marlies Pöschl (geb. 1982) ist Künstlerin, Filmemacherin, Kuratorin und Pädagogin. Sie lebt derzeit in Wien (AT) und arbeitet international. Pöschl unterrichtet an der Akademie der bildenden Künste Wien. Als Mitbegründerin und Vorsitzende von The Golden Pixel Cooperative, einem Verein für bewegte Bilder, hat sie künstlerisch-kuratorische Strategien für Ausstellungen, Vorführungen und Projekte im öffentlichen Raum mit Schwerpunkt auf Feminismus und Ökologie entwickelt.

Charlotta Ruth arbeitet und spielt mit Zeit und Wahrnehmung im Rahmen von Choreographien, kunstbasierter Forschung und pädagogischen Bemühungen. Ihre Arbeiten wurden u.a. im WUK, Tanzquartier, Brut in Wien und MDT & Dansens Hus in Stockholm präsentiert. In den letzten Jahren beschäftigte sie sich vor allem mit den performativen Aspekten der Kommunikation, hinterfragte Formen der gesellschaftlichen Teilhabe und fragte, was mit der Lebendigkeit in unserem modernen Umfeld der vernetzten Realität geschieht.

Netta Weiser arbeitet an der Schnittstelle von Choreografie, experimentellem Radio und diskursiver Praxis. Ihre Arbeiten wurden international an Orten für darstellende Künste wie dem Tanzquartier Wien, der Akademie der Künste und den Sophiensaelen Berlin, der Villa Medici Rom sowie in Radiokontexten präsentiert. Seit 2019 ist Weiser Co-Leiterin des 777 Projekts - Kooperation von maC master in choreography des HZT und Klangzeitort Institut für Neue Musik Berlin, sowie Dozentin an der Universität der Künste Berlin Studium Generale.

Julia Wieger arbeitet als Künstlerin, Forscherin und Pädagogin an der Schnittstelle von Architektur- und Stadtforschung und visueller Kunst. Sie ist Co-Initiatorin des Sekretariats für Geister, Archivpolitiken und Lücken und war Teil des künstlerischen Forschungsprojekts “Spaces of Commoning” (Akademie d. bild. Künste Wien, 2013-2016). Fragen von Kollektivität und queer-feministischer Raumproduktion spielen als Forschungsthema und als Arbeitsweise in ihrer Arbeit ein wichtige Rolle.

Stephanie Winter ist Künstlerin und Regisseurin. Mit SALON HYBRID, ihrem performativen Büro für experimentelle Angelegenheiten bespielt sie unterschiedliche innere & äußere Landschaften, Leerstände, spaces of colours. 2021 eröffnete Winter den Kunst und Labor-raum MOTHERBOARD, in dessen Rahmen sie mit Nora Mayr Aspekte von RADICAL CARE untersucht.

In der Kubatur des Kabinetts - Der Kunstsalon im FLUCC 2024

Das Jahresprogramm 2024 von In der Kubatur des Kabinetts - Der Kunstsalon im FLUCC“ befasst sich unter dem Themenschwerpunkt „Ökologien der Arbeit“ in 7 Projekten mit unseren Beziehungen zur Arbeit, emanzipatorischen Prozessen der Wiederaneignung und Fürsorge sowie damit in Zusammenhang stehenden Existenz und Zeit Bedingungen unserer migrantischen Gesellschaft. Welche neuen Praxen und Vorstellungen können dabei entwickelt werden? Bespielt wird der öffentliche Raum durch urbane Dramaturgien,  durch performative Billboards, trans- und interdisziplinäre Installationen, FLUCC Talks on Callshop Radio, Podiumsdiskussionen, Performances, Sounds, kulinarische Erlebnisse, und durch Workshops für alle, die sich an den Projekten aktiv und partizipativ beteiligen wollen. Wie wichtig ist es, dabei sektorenübergreifende Debatten in Bewegung zu setzen, wie es in unserem Jahresprogramm  „Ökologie der Arbeit“  2024 der Plan ist?